2018/02: Zu Besuch in der Internatsschule

Rei­se­be­richt von Tru­di Vetsch

Im ver­gan­ge­nen Herbst frag­te mich Sonam Dor­je, Bera­ter und Aus­bil­dungs­ver­ant­wort­li­cher der Regi­on Sen­ge La, um Unter­stüt­zung für den Win­ter­un­ter­richt in Kalth­se, an. In der käl­tes­ten Jah­res­zeit haben die Schu­len in Ladakh Win­ter­fe­ri­en. In die­ser Zeit soll der Win­ter­un­ter­richt den Stu­die­ren­den ein zusätz­li­ches Lern­an­ge­bot bie­ten und die Schul­ab­gän­ge­rin­nen und Schul­ab­gän­ger auf die Abschluss­prü­fung vorbereiten.

Die­ses pri­vat orga­ni­sier­te Ange­bot kann nur statt­fin­den, indem die gesam­ten Kos­ten wie Ent­loh­nung, Lehr­mit­tel, Essen und ein­fachs­te Ein­rich­tungs­ge­gen­stän­de gespon­sert wer­den. Der Initi­ant Sonam Dor­je erar­bei­te­te in Zusam­men­ar­beit mit dem Pro­jekt­lei­ter von EAL, Lob­zang Rinchen, ein Bud­get für alle erfor­der­li­chen Mit­tel. Der Ver­ein EAL leis­tet den finan­zi­el­len Bei­trag für die Lehrmittel.

Um mir ein genaue­res Bild zu ver­schaf­fen, wie ein Inter­nats­be­trieb in der kal­ten Jah­res­zeit funk­tio­niert, ent­schied ich mich, Ladakh im Win­ter zu besuchen.

Dol­ma, Stu­die­ren­de an der Non­nen­schu­le in Leh, unter­rich­tet wäh­rend ihrer Win­ter­fe­ri­en die Stu­den­ten in Kalth­se. (drit­te v.l.)

Ladakh im Win­ter — ein beson­de­res Erlebnis

Zu die­ser Jah­res­zeit ist „das Land der hohen Päs­se“ nur über den Luft­ver­kehr erreich­bar. Schon auf dem Weg vom Flug­ha­fen in die Stadt fällt einem auf, wie ruhig es auf den Stras­sen zu und her geht. Kei­ne hupen­den Autos, kei­ne vom Ver­kehr auf­ge­wir­bel­ten Staub­wol­ken und wenig Tou­ris­ten – statt­des­sen Stil­le und eine eisig kal­te, kla­re Berg­luft. Die Fern­sicht auf die schnee­be­deck­ten 6‘000 er ist einmalig.

Tags­über ist die Son­nen­ein­strah­lung so inten­siv, dass das Ther­mo­me­ter an son­ni­gen und wind­ge­schütz­ten Ecken manch­mal die Null Grad Gren­ze erreicht. Nach Son­nen­un­ter­gang oder bei bewölk­tem Him­mel wird es emp­find­lich kalt. Nur die wenigs­ten Men­schen im Ladakh besit­zen nebst dem Koch­herd eine zusätz­li­che Wär­me­quel­le. Die Küche ist im Win­ter ihr Lebensmittelpunkt.

In der kal­ten Jah­res­zeit fin­den die meis­ten Fes­te wie Hoch­zei­ten oder Klos­ter­fes­te statt. Das gesell­schaft­li­che Leben ist für die Ladakhis von gros­ser Bedeu­tung. Jetzt, in der Win­ter­pau­se, haben sie Zeit — für einen Schwatz, Ver­wand­te zu besu­chen oder an Fes­ten teilzunehmen.

Kalth­se — Besuch der Inter­nats­schu­le für die Jugend­li­chen der Regi­on Sen­ge La

Kalth­se liegt auf der Haupt­ver­kehrs­ach­se Rich­tung Wes­ten zwi­schen der Bezirks­haupt­stadt Leh und Kar­gil. Von die­ser Ort­schaft zweigt die Stras­se in die Regi­on Sen­ge La ab. Hier befin­det sich die staat­li­che Inter­nats­schu­le. Von März bis Ende Novem­ber wird sie von 300 Stu­den­tin­nen und Stu­den­ten der umlie­gen­den Dör­fer besucht.

Wäh­rend den lan­gen Schul­fe­ri­en von Dezem­ber bis Febru­ar fin­det in die­sen Räum­lich­kei­ten der frei­wil­li­ge Win­ter­un­ter­richt statt. 30 Stu­die­ren­de, davon sie­ben Jungs und 23 Mäd­chen, im Alter zwi­schen 14 und 18 Jah­re, wer­den in den Fächern Eng­lisch, Hin­di, Bho­ti (tibe­ti­sche Spra­che), Infor­ma­tik, Natur­wis­sen­schaft und Mathe­ma­tik unterrichtet.

Es ist beein­dru­ckend mit wel­chem Eifer und mit wel­cher Freu­de die Lehr­per­so­nen unter­rich­ten. Die Räu­me wer­den nur durch die ein­tre­ten­den Son­nen­strah­len der Fens­ter­front erwärmt. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler sit­zen auf dem Boden — eine dün­ne Mat­te dient als Schutz vor dem kal­ten Boden. Trotz den nicht ein­fa­chen Umstän­den zei­gen sie einen enorm gros­sen Wil­len zu lernen.

Foto­shoo­ting auf dem Schul­hof in Kalthse

Kul­tur­aus­flug ans Klos­ter­fes­ti­val in Likir

Die all­jähr­li­chen far­ben­präch­ti­gen Klos­ter­fes­te sind für Ladakhis ein beson­de­res Ereig­nis. Von Pau­ken und Hör­nern beglei­tet tra­gen die Tän­zer ihre ritu­el­len Mas­ken­tän­ze vor. Die ein­zig­ar­ti­ge Atmo­sphä­re brei­tet sich über den gan­zen Klos­ter­hof aus.

Zum Zeit­punkt unse­res Auf­ent­hal­tes in Kalth­se fand im nahe­ge­le­ge­nen Dorf Likir ein Klos­ter­fest statt. Sonam Dor­je bewil­lig­te den Schü­lern den Aus­flug. Sie erhiel­ten die­sen Tag schul­frei, damit sie an das Fest fah­ren kön­nen. Die Bus­se ver­keh­ren im Win­ter nur gele­gent­lich. Dies ver­an­lass­te mich spon­tan, die Kos­ten für den Bus aus der Ver­eins­kas­se zu bezah­len, weil kul­tu­rel­le Anläs­se im Win­ter­un­ter­richt nicht bud­ge­tiert sind.

Gemein­sam besich­tig­ten wir zuerst die über 900 Jah­re alte Klos­ter­an­la­ge. Schon von weit unten im Tal sieht man auf der Anhö­he die Gom­pa. Die schnee­weis­sen, inein­an­der geschach­tel­ten Mönchs­häu­ser mit dem Tem­pel­kom­plex auf der Hügel­spit­ze bie­ten einen male­ri­schen Anblick. Heu­te leben hier etwa 100 Mön­che. In der klos­ter­ei­ge­nen Schu­le bekom­men die Novi­zen eine gute Ausbildung.

Anschlies­send stand der Besuch des Fes­ti­vals zur frei­en Ver­fü­gung. Das Wet­ter spiel­te mit. Und so genos­sen die Stu­den­tin­nen und Stu­den­ten begeis­tert das spek­ta­ku­lä­re Klosterfest.

Far­ben­präch­ti­ge Mas­ken­tän­ze im Klos­ter Likir

Auf der Rück­fahrt nach Kalth­se besich­tig­ten wir das Was­ser­kraft­werk in Alchi. Auf dem Rund­gang durch das Kraft­werk erfuh­ren die Stu­die­ren­den wis­sens­wer­tes über die Grund­la­gen der Strom­pro­duk­ti­on mit Wasser.

Die Begeis­te­rung und das posi­ti­ve Feed­back der Lehr­per­so­nen und der Stu­die­ren­den ver­an­lass­te uns zukünf­tig sol­che Bil­dungs­ex­kur­sio­nen ins Bud­get aufzunehmen.

News aus dem Dorf Yulchung

Wäh­rend mei­nes Auf­ent­hal­tes in Kalth­se erfuhr ich per Satel­li­ten Tele­fo­nat von der Dorf­vor­ste­he­rin Jang­dol die Neu­ig­kei­ten aus Yulchung.

Hand­werks­raum und Schul­haus­an­bau – Raum­tem­pe­ra­tur im Plus-Bereich

Der neu erstell­te Hand­werks­raum und der Schul­haus­an­bau kön­nen, dank der zusätz­li­chen Wär­me­iso­la­ti­on sowie der Dop­pel­ver­gla­sung, die vom Ver­ein EAL gespon­sert wur­de, nun das gan­ze Jahr genutzt wer­den. Es sei genug warm um selbst bei bewölk­tem Him­mel im Win­ter die Räum­lich­kei­ten bei ange­neh­mer Raum­tem­pe­ra­tur zu nut­zen, erzähl­te Jang­dol freudig.

Hand­werks­kunst

Die pas­si­ve Zeit kann jetzt genutzt wer­den, um Hand­werks­kunst zu betrei­ben und ihre sozia­len Bezie­hun­gen zu pfle­gen, erläu­ter­te die Ver­tre­te­rin der Frau­en — Koope­ra­ti­ve. Sie hät­ten vie­le Müt­zen, Hand­schu­he und Socken gestrickt. Auf Eigen­in­itia­ti­ve hin haben die Dorf­frau­en an der zwei Stun­den ent­fern­ten Win­ter­trek­kin­g­rou­te des Cha­dar Trek einen Ver­kaufs­stand auf­ge­stellt. Die gestrick­ten Pro­duk­te konn­ten an vor­bei­kom­men­den Trek­kern ver­kauft werden.

 Win­ter­un­ter­richt

Von Mit­te Dezem­ber bis Ende Febru­ar fin­det der Win­ter­un­ter­richt für Erwach­se­ne und Kin­der statt. Zwölf Erwach­se­ne und sieb­zehn Kin­der der Pri­mar­stu­fe zwi­schen fünf und drei­zehn Jah­re neh­men dar­an teil. Der Unter­richt fin­det in den neu­erstell­ten Räum­lich­kei­ten statt.

Lern­in­hal­te sind all­ge­mein­bil­den­de Fächer, öko­lo­gi­sche Bewusst­seins­bil­dung und die Wei­ter­ga­be des rei­chen tra­di­tio­nel­len Erbes. EAL finan­ziert den Leh­rer für die Erwach­se­nen und eine Leh­re­rin für die Grund­schu­le, sowie die Lehrmittel.

Der Hand­werks­raum dient auch als Schul­zim­mer für die Erwachsenen